Perpetuum Potentino

Die Künstlerinnenresidenz Perpetuum Potentino ist eine Zusammenarbeit zwischen dem Kunstverein Ludwigshafen und dem Castello di Potentino, unterstützt von den Friends of Potentino. Jedes Jahr lädt der KVLU einen Künstler*in ein, einen Monat im Castello di Potentino zu leben und zu arbeiten – einer mittelalterlichen Burg mit etruskischen Fundamenten im Herzen der Toskana. Die Residenz umfasst Unterkunft und Verpflegung, Reisekosten, ein kleines Materialbudget sowie institutionelle Begleitung.

Das Programm erinnert an historische Formen künstlerischer Förderung: an klösterliche Skriptorien und Kreuzgänge, in denen Künstlerinnen, Gelehrte und Handwerkerinnen in Abgeschiedenheit arbeiten konnten, ebenso wie an die Höfe der Renaissance und ländliche Residenzen, wo Mäzenat*innentum künstlerische Produktion jenseits der urbanen Zentren ermöglichte. Solche Orte eröffneten oft Netzwerke des Austauschs zwischen Religion, Wissenschaft, Landwirtschaft und Kunst – während sie zugleich bestehende Hierarchien von Zugang und Macht stabilisierten. Perpetuum Potentino nimmt diese Ambivalenzen bewusst auf und entwirft sie in einer zeitgenössischen, kritisch-reflektierten Form neu.

Die eingeladenen Künstler*innen treten in Dialog mit der vielschichtigen, transnationalen Geschichte Potentinos: von den etruskischen Fundamenten und den mittelalterlichen Burgmauern bis hin zu seiner heutigen Funktion als kulturelles Zentrum, eingebettet in Weinberge und Olivenhaine. Die Residenz lädt zu einer vertieften Auseinandersetzung mit Landschaft, Geschichte, Materialität und lokalem Wissen ein – aufmerksam für jene kulturellen Erinnerungen, die in Boden, Stein und Gemeinschaft fortbestehen.

Der Titel Perpetuum Potentino verweist auf die Idee des perpetuum mobile – jener unmöglichen Maschine ewiger Bewegung, die Erfinderinnen, Philosophinnen und Künstler*innen seit Jahrhunderten fasziniert. Hier wird das Motiv der unendlichen Bewegung als Metapher für künstlerischen Austausch neu gedacht: als Kreislauf von Ideen, Praktiken und Geschichten, der sich jenseits geografischer Zentren und fester Zeitlinien entfaltet. An die Stelle unablässiger Produktion tritt ein langsamerer Rhythmus – eine Kontinuität, die aus der Aufmerksamkeit für den Ort, aus dem Dialog mit der Geschichte und aus der Entfaltung künstlerischer Prozesse in der Zeit entsteht.

Im Gegensatz zu den Beschleunigungs- und Sichtbarkeitszwängen der heutigen Kunstwelt setzt Perpetuum Potentino auf Kontinuität statt Tempo, auf Reflexion statt Spektakel und auf die behutsame Entwicklung künstlerischer Arbeit. Die Residenz versteht sich als „zeitfreier“ Raum: ein temporäres Zuhause für künstlerische Praxis, in dem Aufmerksamkeit, Fürsorge und Imagination jenseits schneller Trends und Marktdynamiken Gestalt annehmen können.

Der Kunstverein Ludwigshafen verortet die Residenz im Rahmen seiner übergeordneten Mission: vielfältige und interdisziplinäre künstlerische Praktiken zu fördern, Experiment und Austausch zu ermöglichen und offene Räume zu schaffen, in denen zeitgenössische Kunst auf Geschichte, Landschaft und kollektive Imaginationen trifft.