LUDWIGSHAFEN

2.5. - 27.7.2025 

The Ballet of the Nations: A Present-Day Morality

☞ Rudolf-Scharpf-Galerie des Wilhelm-Hack-Museums

☞ Kunst im öffentlichen Raum an der Kreuzung Bismarckstraße & Schulstraße

 

RUTH BERAHA, MAEVE BRENNAN, ANDREA GEYER, MONILOLA OLAYEMI ILUPEJU, AZIZA KADYRI, GERMAIN MARGUILLARD, OMAR MISMAR, BRITTANY NELSON, ELENA NJOABUZIA ONWOCHEI-GARCIA, ILÊ SARTUZI

 

1914 verfasste Vernon Lee Ballet of the Nations: A Present-Day Morality, eine satirische Allegorie auf den aufkommenden Populismus und Nationalismus in Europa. 110 Jahre nach Lees Erstveröffentlichung dient ihr Ballet als Ouvertüre zum diesjährigen Programm des Kunstverein Ludwigshafen: als poetisches und experimentelles Meisterwerk der Moderne verdeutlicht es den zyklischen Rhythmus politischer Ideologien. Lee kritisiert den grassierenden Patriotismus und Isolationismus ihrer Zeit – und verdeutlicht so die Gefahr eines Vormarschs eben dieser Ideologien in unserer Gegenwart.

Im Rahmen der ersten Ausstellung des Jahresprogramms GENIUS LOCI. NOTES ON PLACES zeigt der Kunstverein Ludwigshafen kritische künstlerische Positionen, die sich Lees Thematiken von einer zeitgenössischen Perspektive nähern. Intimität und Isolation, soziale Machtstrukturen, Hierarchien und Ausgrenzung sind tragende Themen: Elena Njoabuzia Onwochei-Garcias Arbeiten erinnern an politische Wandmalereien, die Künstlerin recherchiert historische Quellen, um die Voreingenommenheit und Unzuverlässigkeit unserer Narrationen zu verdeutlichen. Wie Brittany Nelson fragt sie, wer ist ein Teil unserer Geschichte(n) – wer ist sichtbar, wer unsichtbar? Nelson konzentriert sich hierbei insbesondere auf die Einsamkeit, Isolation und Distanz innerhalb der Queer-Community und deren Parallelen zur Weltraumforschung. Ruth Berahas Arbeit zwingt uns zur Nähe: nur durch Aufgabe unserer Autonomität können wir die Arbeit in demütiger Haltung erfahren. Ihre Referenz einer knienden Haltung spielt mit religiösen Normen und spirituellen Ritualen. Spiritualität und die Möglichkeit, Trost zu finden, stehen im Mittelpunkt von Germain Marguillards Arbeit. Wie Beraha fordert der Künstler die Besuchenden auf, mit seinem Werk zu interagieren und einen rituellen Akt rund um sein reliquienähnliches Werk zu vollziehen. Wünsche für Veränderungen im eigenen Leben oder in der Gesellschaft können aufgeschrieben und dem Inneren der Arbeit anvertraut werden. Die Wendung zum Okkultismus lässt sich auch in Ilê Sartuzis Arbeit spüren: dekorative Skulpturen idyllischer Domestizität enthüllen bei genauerer Betrachtung Risse, menschliche Materie bricht durch das Gebäude und zieht die Arbeit ins Groteske. Seine Arbeiten veranschaulichen die Abgründe gesellschaftlicher Spaltung hinter Fassaden der pittoresken Kleinbürgerlichkeit. Die Spuren gesellschaftlicher Spannungen, Entwurzelung und Vertreibung sind omnipräsent in Omar Mismars Arbeiten: er hinterfragt die Hierarchien musealer Darstellungen. Was (und wen) schätzen, zeigen und bewahren wir?

Monilola Olayemi Ilupeju, unsere diesjährige Zonta Preis-Gewinnerin greift Fragen nach Identität, Zugehörigkeit und Migration auf: autobiografische Reflexionen verbinden sich mit universellen Themen wie intergenerationalem Trauma, Widerstandsfähigkeit, familiären Bindungen und kultureller Transformation. Aziza Kadyri und Maeve Brennans Arbeiten untersuchen in ihrer Praxis die sozialen, historischen und politischen Resonanzen von Extraktivismus und Fragmentierung. Kadyrirs Nutzung modernster Technologien wie KI, um traditionelle Motive zu bewahren und im Kontext aktueller Geschehnisse zu erweitern, spiegelt sich in Brennans filmischer Aufarbeitung forensischer Archäologie. Wie und was erinnern wir? Andrea Geyer erweitert mit ihrer Arbeit diese Fragen: was sind die Aufgaben unserer Institutionen in Zeiten ziviler Uneinigkeit? Was können kulturelle Räume leisten, um gesellschaftlichen Zusammenhalt und Inklusion zu fördern?

Im Rahmen der Ausstellung zeigt Andrea Geyer eine ortsspezifische Erweiterung ihrer Arbeit Manifest. Die Künstlerin reagiert auf bestehendes Stadtmobiliar wie Fahnenmasten und Schaukästen in der Innenstadt von Ludwigshafen und erweitert ihre Arbeit sprachlich um die am häufigsten gesprochenen Sprachen im Zentrum Ludwigshafens: Deutsch, Englisch, Arabisch, Türkisch, Italienisch und Bulgarisch.

— ICH WILL 

Die Aufforderung zum „Wollen“, zum Fordern, entstand aus Geyers Recherchen zur Gründungsdirektorin des San Francisco Museum of (Modern) Art, Grace McCann Morley, und deren Überzeugung, dass Museen ein integraler Bestandteil der Zivilgesellschaft und des bürgerlichen Lebens sind. Die Präsentation von Geyers Arbeit in der Ludwigshafener Innenstadt betont die Bedeutung kultureller Räume als Orte der zivilen Solidarität und Inklusion.

Das Projekt im öffentlichen Raum wurde durch die großzügige Förderung der TWL ermöglicht. 

ZONTA-PREIS 2025

Im Rahmen des Ausstellungszyklus freuen wir uns, den Zonta-Preis zu vergeben. Wir gratulieren der diesjährigen Preisträgerin:

MONILOLA OLAYEMI ILUPEJU

Monilola Olayemi Ilupeju (*1996) ist eine nigerianisch-amerikanische multimediale Künstlerin und Autorin und lebt in Berlin. In ihrer Malerei, ihren Texten, Performances und Installationen stellt sie eigene Erfahrungen von Verbundenheit, Gewalt und Heilung in ein ausgewogenes Verhältnis zu allgemeineren Betrachtungen kultureller Verzerrungen und Identität. Sie schloss ihr Studium der Studio Art und Social and Cultural Analysis an der New York University mit Auszeichnung ab. Außerdem ist sie Absolventin der Skowhegan School of Painting and Sculpture.

Eine Auswahl ihrer Arbeiten ist in der Rudolf-Scharpf-Galerie des Wilhelm-Hack-Museums zu sehen.

Der Zonta-Preis wird vom Zonta Club Ludwigshafen ermöglicht.

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